Pflanzliche Fasern für vegane Wolle
Ein Überblick
Wer ohne schlechtes Gewissen – also möglichst nachhaltig und ohne Tierleid zu verursachen – stricken, häkeln, klöppeln oder sich auf andere Art mit Wolle austoben möchte, steht mit dem üblichen Garn-Angebot vor einem Problem: Die Grundlage für die meisten im Handel erhältlichen Garne ist nunmal in erster Linie Wolle aus herkömmlicher Tierzucht, Kunststoff oder umweltbelastende Baumwolle aus konventionellem Anbau. Es gibt sie aber, die nachhaltigeren und tierfreundlichen Alternativen, und man findet sie inzwischen immer öfter – meist unter Begriffen wie „Vegane Garne/Wolle“ oder „Veganes Stricken“.
In meinem ersten Blogartikel zu dem Thema: Vegane Garne habe ich mich bereits mit den verschiedenen Möglichkeiten beschäftigt, solche Garne herzustellen. Für einen besseren Überblick über die Ausgangsmaterialien möchte ich hier aber auch einmal einige der beliebtesten pflanzlichen Fasern ins Rampenlicht rücken.
13 beliebte Pflanzenfasern für vegane Garne
Baumwolle – Der Klassiker. Vielseitig, weich, auch als Wintergarn einsetzbar. Dabei aber auf Bio-Zertifizierung und schonenden Anbau achten.
Bambus – Der Wuchsweltmeister. Sehr schön weich und seidig, ein ideales Sommergarn.
Brennnessel – Die Überraschung. Klingt nach Folter, ist aber ein traditionelles, weiches, robustes Garn mit leichtem Glanz. Als Ganzjahresgarn kühlt es im Sommer und wärmt im Winter.
Buchenholz – Der Gemütlichkeitsgarant. Modalgarn ist weich, leicht und atmungsaktiv. Deshalb bietet es sich sowohl für Kuschelklamotten als auch für Sportbekleidung an.
Eukalyptusholz – Der Hautschmeichler. Wie Bambus weich und seidig. Außerdem ein Traum für Allergiker.
Hanf – Die Wunderwaffe. Hanf kann alles, natürlich auch Kleidung. Ein Ganzjahresgarn, griffig und sehr robust.
Kork – Die Ausgefallene. Wasserabweisend, leicht und stabil. Gibt es als Bändchengarn, bisher allerdings nur gemischt mit Baumwolle und Polyester.
Leinen – Der Ökoklassiker. Perfekt geeignet für ökologischen Anbau. Wirkt angenehm kühlend, daher ideal für den Sommer.
Mais – Das Experiment. Elastisch, anschmiegsam, pflegeleicht, warm und weich. (– Gab es mal von Pascuali, auch wenn es dort zurzeit nicht angeboten wird.)
Ramie (Chinagras) – Das Leinen des Ostens. Nimmt Feuchtigkeit auf, ist robust und glänzt seidig. Meist jedoch als Mischgarn erhältlich.
SeaCell – Die Neue aus dem Meer. Produkt aus Braunalgen. Besonders hautfreundlich, kühlt im Sommer und hält im Winter warm. Als Fasermischung mit Lyocell erhältlich.
Papier – Die Traditionelle aus Japan. Aufgrund ihrer glatten, kühlenden Eigenschaften eine beliebte Alternative zu Seide.
Soja – Die Sojaseide. Abfallprodukt aus der Sojaverarbeitung, weich, hält gut warm.
Die Exoten
Einige dieser Materialien sind natürlich schon ein alter Hut und viele davon finden sich inzwischen ganz selbstverständlich im Handel. Daneben gibt es aber auch noch echte Exoten wie Fasern aus Bananenstauden, Rosenholz (beides bei Rutis) oder Torfwolle. Letztere besteht (zumindest zum Teil) aus Wollgrasfasern, die wie viele weitere der genannten Fasern als Abfallprodukt, in diesem Fall bei der Torfgewinnung, anfallen. (Gefunden als Mischgarn mit Wolle oder Seide bei Torffaseratelier).
Die flauschigen Fasern vom Samenstand des Wollgrases, die mich schon als Kind unheimlich fasziniert haben, sind übrigens zu kurz, um sie allein zu Garn zu verspinnen. Man kann sie allerdings als Füllmaterial, Kerzendocht oder auch in Verbindung mit einer anderen, längeren Faser verarbeiten. Dasselbe gilt auch für andere pflanzliche Materialien wie z. B. den feinen Pappelflaum, die Samenfaser der Pappel. (Ist auch als Pappelschnee oder Sommerschnee bekannt).
Überhaupt werden gerade die etwas ungewöhnlicheren unter den genannten Fasern oft in Form von Mischgarnen, z. B. gemeinsam mit (Bio-)Baumwolle, angeboten. Ich finde es aber in jedem Fall wirklich spannend und aufbauend, was für eine Vielfalt an pflanzlichen Fasern für unseren Garnbedarf überhaupt verwendet werden kann. Dass dieses Angebot inzwischen auch mehr und mehr von den Herstellern genutzt wird und die entsprechenden Produkte auch in den Regalen der Händler landen, ist in meinen Augen ein gutes Zeichen. Und es erleichtert mein Gewissen doch sehr, wenn mich wieder einmal die Stricklust überkommt.
Wer sich (wie ich) trotz allem nicht ganz von Schaf-, Alpaka-, Kamel-, Yak- und sonstiger Tierwolle trennen kann, dem möchte ich hiermit die sogenannte Vegetarierwolle ans Herz legen, über die ich auch noch einen kleinen Beitrag für unseren Blog geschrieben habe.
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* „Der Unterschied zwischen dem beinahe richtigen Wort und dem richtigen ist derselbe wie zwischen einem Glühwürmchen und einem Blitz“ – Mark Twain