Diverses | Kräuter & Pflanzen

„Gar­ten­fie­ber“

Von den tragischen Anfängen bis zum eigenen Hochbeet

Agnes Waidosch
23 Apr, 2020

Nach Jahren des eher milden Interesses an Pflanzen und Gärten packte mich vor einigen Jahren in meiner Göttinger Wohnung mit kleinem Balkon recht überraschend das Gartenfieber. Überraschend vor allem deshalb, weil das mit dem Gärtnern am Anfang nie so richtig klappen wollte …

Die tragischen Anfänge

Ich kann mich erinnern, dass ich im Laufe meiner Kindheit mehrere kleine Anläufe als Gärtnerin unternommen hatte – doch alle endeten im Desaster. Ich entdeckte beispielsweise in einem Laden ein Päckchen mit Löwenmäulchen-Samen, leuchtende Löwenmäulchen in allen Farben, ich war hingerissen. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass ich darauf hingewiesen wurde, dass die Blumen Sonne zum Wachsen brauchen würden. Aber ich war wohl schon damals etwas stur und anfällig für Werbung: Die Blümchen auf der Packung sahen hübsch aus, ich wollte sie haben, warum sollten sie bei uns nicht wachsen?! Ein schattiges Eck im Nordgarten war schnell gefunden, jedoch ganz offensichtlich nicht die ideale Wahl: Es zeigte sich kein einziges Pflänzchen und meine Begeisterung fürs Gärtnern verabschiedete sich vorerst mit ihnen. Als ich es etwas später erneut versuchte, fiel meine Wahl (aus mir heute nicht mehr rekonstruierbaren Gründen) auf Waldmeister. Der Standort unter der Hecke war in diesem Fall etwas gezielter gewählt, von Bodenvorbereitung hatte ich allerdings noch nie gehört, und so war auch in diesem Fall das wilde Entleeren des Samentütchens zum Scheitern verurteilt. 

Kind mit einem gelben Stiefmütterchen im Topf

Manchmal kam es mir sogar vor, als hätten sich der Garten und die Natur persönlich gegen mich verschworen: In einem Winter landete ein Teil des Vogelfutters unter der bereits erwähnten Hecke und als es wärmer wurde, stellte ich mit Entzücken fest, dass die Sonnenblumenkerne dort wagten, was selbst der Waldmeister verweigert hatte: Sie keimten! „Dann kann ja nichts mehr schief gehen“, dachte ich in meinem kindlichen Optimismus, holte meine kleine Schaufel und machte mich daran, die Pflänzchen Stück für Stück auszubuddeln und in eigene Töpfe zu setzen. Immerhin eines von zehn überlebte die Prozedur noch einige Wochen, bevor auch diese letzte Sonnenblume kapitulierte. Das kam für mich einer persönlichen Beleidigung gleich und das Kapitel „Garten und Pflanzen“ wurde für so viele Jahre geschlossen, dass ich nicht mehr vermutet hätte, es noch einmal aufzuschlagen.

Aber dann: Der Wendepunkt!

Was genau das Interesse wieder aufleben ließ, kann ich gar nicht mehr sagen. Es waren vermutlich gleich mehrere Faktoren, die zusammenkamen: Eine neuentdeckte Leidenschaft für englische Gartensendungen, ein plötzliches Interesse an Wildkräutern, kombiniert mit den gärtnerischen Möglichkeiten, die mir ein kleiner Balkon bot. Innerhalb kürzester Zeit entstand dort eine nicht zu verachtende Kollektion an Stauden, Sträuchern und kleinen Bäumchen, sodass die Frage, wie viel Gewicht der Balkon wohl tragen würde, bald ernsthaft diskutiert wurde.

Mit Wandelröschen und Kräutern bepflanzter Topf auf dem Balkon

Die Balkon-Oase

Mit den Monaten nutzte ich jeden noch so kleinen Fleck, um in Kübeln und Kästen Nelken, Rhododendron, Lavendel und Tulpen zu horten. Und die Mischung aus Praxis und vielen brauchbaren Tipps aus Gartenmagazinen, -programmen und -büchern führte zum Erfolg. Es war wie in einem Disneyfilm: Auf dem Balkon blühte und spross es, die Vögelchen aus dem nahen Stadtwald kamen zu Besuch und ich saß im Sommer selig inmitten meines Minigartens im Topf. Von einem „Die sind hier nicht winterhart“ oder „Es ist zu spät, um noch Tomaten zu säen!“ ließ ich mich nach wie vor nicht beirren (die Sturheit siegt). Aber alles in allem stellten sich nun doch die ersten gärtnerischen Erfolge ein.

Weiße Edelrose mit lila Clematis
Blühender Balkon mit Kohlmeise

Und jetzt sogar mit Garten …

Seit einem weiteren Umzug – inklusive aller Topfpflanzen, die ich irgendwie noch in den Laster hineinquetschen konnte – habe ich jetzt tatsächlich meine erste echte Gartenecke: Ein gar nicht mal so kleines Stückchen Rasen, eine Terrasse, ein Busch und ein Baum gehören u. a. zur neuen Wohnung. Seitdem wird geplant, gekauft und gepflanzt, ausprobiert und überarbeitet, was das Zeug hält. Hat einen das Gartenfieber erst einmal gepackt (auch wenn es, wie bei mir, mehrere Anläufe braucht), gibt es wohl tatsächlich keinen Weg zurück. Und da es mich fast genauso glücklich macht, meine Begeisterung zu teilen, möchte ich mich nun hochzufrieden auch in meiner „Online-Gartenecke“ austoben und über Erfolge und Katastrophen, Pläne und Umsetzungen, alte Lieblingspflanzen und neue Schätze, und all die kleinen und großen Überraschungen, die der Garten im Laufe des Jahres so zu bieten hat, berichten.

Wer weiß, vielleicht fühlt sich dadurch sogar jemand inspiriert, es einmal mit ein paar Löwenmäulchen im Topf zu versuchen? (Sonniger Standort, bitte!)

Blühendes rot-gelbes Löwenmäulchen

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„Der Unterschied zwischen dem beinahe richtigen Wort und dem richtigen ist derselbe wie zwischen einem Glühwürmchen und einem Blitz“ – Mark Twain